Ausbildung

Energie-Scouts entwickeln pfiffige Ideen zur Energieeinsparung

„Wenn wir unsere Projektidee in der gesamten Firma einsetzen, sparen wir pro Jahr 1108 Tonnen CO² ein. Umgerechnet bedeutet das, dass wir den Sauerstoff von 302 Bäumen erhalten.“ Saskia Schmitz ist eine von drei Azubis der Isola GmbH aus Düren, die im Zuge des Energie-Scout-Projektes der IHK an der „Raumkühlung auf Basis von Flusswassernutzung“ gearbeitet haben. Herausgekommen ist eine große Klimaanlage, die fest installiert in der Werkhalle für Auszubildende ihre Kraft beweist. 
 

Großes Interesse

 
22 Auszubildende aus sieben Unternehmen der Region hatten sich von April bis November von der IHK Aachen zu „Energie-Scouts" qualifizieren lassen. Dafür wurden in den jeweiligen Betrieben eigene Projekte zur Einsparung von Energie und Ressourcen entwickelt. „Der Energie-Scout ist eine interessante und vielseitige Zusatzqualifikation für Azubis. Außerdem profitieren Betriebe von den pfiffigen Vorschlägen der Scouts zur Energieeinsparung. Deshalb haben wir uns 2017 dazu entschieden, das Angebot der Mittelstandsinitiative Energie Effizienz (MIE) in der Region Aachen zu realisierten“, erinnert sich Paul Kurth, IHK-Referatsleiter Energie und Umwelt, an die erfolgreiche Bewerbung des Projektes bei den Ausbildungsbetrieben im IHK-Kammerbezirk im Februar letzten Jahres. „An der Einsparung von Energie und Ressourcen arbeiten die Betriebe seit Jahren. Schnell zu erreichende Einsparmöglichkeiten, wie der Austausch alter Beleuchtungstechnik gegen moderne LED Lampen, wurden bereits bei vielen Firmen umgesetzt. Es gibt jedoch noch viele unausgeschöpfte Effizienzpotentiale. Die Ertüchtigung der jungen Menschen zu Energie-Scouts und die dabei entstehenden Projekte sind ein weiterer Baustein, damit Betriebe energieeffizienter werden“, fasst IHK-Energieeffizienz-Lotse Dieter Dembski zusammen.
„Es ist beeindruckend, wie viel Energie jeder Mensch und vor allem in Firmen gespart werden kann. Dieses Projekt hat mein Interesse am Energiesparen noch einmal mehr geweckt, als ich ohnehin schon am Energiesparen im privaten, vor allem an finanziellen Einsparungen, interessiert war“, sagt Clemens Thiebes, Azubi der Mechatronik, der die Aufhängung der Raumkühlung bei der Isola unter der Decke konstruiert hat. Die Isola-Gruppe ist ein global ausgerichtetes technologiegetriebenes Unternehmen mit Forschung und Entwicklung zur Herstellung von Hochleistungsbasismaterialien. „Unsere leistungsstarken Produkte kommen in der hochentwickelten Elektronik in den Bereichen Kommunikation, Computerwesen/Networking, sowie in der Luftfahrt und der Automobilindustrie zur Anwendung“, erklärt Dipl.-Ing. Thorsten Hauschildt, der das Azubi-Projekt als Pate betreut hat.
Diese drei Azubis haben die Raumkühlung bei der Isola in Düren konstruiert. Foto: Conny Stenzel-Zenner
Die Azubis organisierten, beschafften und bauten innerhalb von acht Monaten schließlich die Raumkühlung, auch mit Hilfe von Azubi Mateusz Zielazny, Elektroniker für Betriebstechnik. Sie nahmen an drei Workshops der IHK teil, in denen grundlegendes Wissen zur Energieeffizienz im Betrieb besprochen wurde - von der Beleuchtung bis zur Druckluft. In denen aber auch betriebswirtschaftliche Ansätze besprochen wurden, mit dem Fokus: Was muss man im Blick haben, damit sich alle Neuerungen rechnen?
Ziel des Projektes bei der Isola, die als Gewinner die IHK-Jury überzeugten, ist es, Erfahrung mit der Pilotanlage zu sammeln und somit alte Kältemaschinen möglicherweise durch die neue Variante zu ersetzen. Dadurch könnten 2,21 Gigawattstunden Strom eingespart werden. Neben der hohen finanziellen Einsparung für die Isola haben die Anlagen den Vorteil, dass sie komplett ohne Klimagase auskommen.
 

Eine App für Alle

 
Ein ganz anderes Projekt realisierten die Auszubildenden der Anneliese Backtechnik GmbH aus Eschweiler. Nico Frauenrath, Wladislaw Krawz und Joshua Offergeld erdachten für die seit 1965 existierende Firma, die Backtechnik für das Backhandwerk und den Handel macht, eine App, mit deren Hilfe nicht nur bei Anneliese Backtechnik Ressourcen eingespart werden können, sondern bei allen interessierten Firmen. „Wir müssen immer wieder die gleichen Fahrten machen, um Sachen abzuholen. Und die Firmen um uns herum müssen möglicherweise die gleichen Fahrten erledigen, mutmaßten unsere Azubis, die unsere Fahrten täglich erledigen müssen“, erzählt Angela Leuver von der Anneliese Geschäftsführung. Also war die Idee schnell geboren: „Wir entwickeln eine App, in der alle angeschlossenen Mitarbeiter sehen, zu welchem Zeitpunkt wohin gefahren werden wird.“ Gedacht ist, dass auch Mitarbeiter der Anneliese Backtechnik, wenn sie lesen, wohin die Fahrt geht, andere Fahrten kombinieren können. „Interessant wird es dann, wenn andere Firmen mit aufspringen und wir voneinander profitieren, indem wir uns bei den Fahrten abwechseln“, freut sich Angela Leuver über die Idee der drei Azubis.
Und weil es eine App ist, kann die gleich noch viel mehr. „Es könnten beispielsweise Fahrgemeinschaften von zu Hause zur Firma gebildet werden“, sagt Personalerin Leuver. Wie verbreitet sich die App? „Da sind unsere Auszubildenden die beste und gewünschte Werbung“, erhofft sich die Chefin, „dass möglichst viele Firmen bei der Erfindung und Nutzung mitmachen.“ Auch im Materialsharing könnte die App helfen. „Wenn wir zum Beispiel viel zu viel Rohr bestellt haben, können wir uns das zu viel bestellte zur Seite legen, es abschreiben und liegen lassen. Das ist aber nicht umweltfreundlich. Finden wir eine Firma, die das übriggebliebene Rohr braucht, haben wir alle etwas davon“, rechnet Dennis Wendlinger von der Geschäftsführung mit einem regen Interesse an der App, die jeweils schnell alle die vorhandenen Dienste anbieten könnte, die gewünscht werden. „Carsharing, Fahrradsharing, Materialsharing, Fahrtengemeinschaften: Es ist alles möglich.“
 

Auszubildende bewirken viel

 
„Die Präsentationen der Energie-Scouts zeigen: Auszubildende können viel bewirken", sagt IHK-Energieeffizienz-Lotse Dembski: „Bei allen teilnehmenden Teams sind konkrete Projekte zur Einsparung von Energie und Ressourcen zustande gekommen, was die Kosten in den Ausbildungsbetrieben nachhaltig senkt." Außerdem seien die jungen Menschen im Zuge ihrer Projekte zu qualifizierten Energieexperten herangereift. „Die einzelnen Betriebe können die Aufgeschlossenheit und die junge Denke der Azubis nutzen, die in der Firma mit ihren Ideen bekannt werden.“
Bekannt geworden sind auch die drei Azubis Kirill Tsisnitsky, Max Schröder und Yakup Kurt der KSK Industrielackierungen GmbH & Co.KG aus Geilenkirchen mit ihrem Kontrolltisch. Bei der hochwertigen Beschichtung von Anbauteilen für die Automobilindustrie ist der Bereich der Qualitätskontrolle in allen neun Hallen eine wichtige Station, die nach der Vorbehandlung und der Lackierung der Bauteile, aber vor der Montage und dem Versand in dem 1988 gegründeten Unternehmen durchlaufen wird. „Die Kontrolltische sind überall anders. Mal haben sie andere Lampen, mal andere Formen, meist aber sind sie aus Aluminium, das schon in der Produktion sehr viel Energie verschlingt“, weiß Azubi Kirill Tsisnitsky, Elektroniker für Betriebstechnik. In einem Kontrollversuch wurde ein Kontrolltisch aus Kunststoff hergestellt und die Beleuchtung wurde mit LED Leuchten optimiert. „Erweist sich der Modellversuch als Erfolg, können weitere 134 Kontrolltische ausgetauscht werden. Die Kosten für die Leuchten werden schon nach 9,5 Monaten amortisiert sein“, sagt Dirk Schweden, der ein Betreuer des Projektes war. In Zukunft kann das Projekt sogar noch weiter ausgebaut werden. „Die Kontrolltische könnten noch stärker an die EDV angebunden, die Konstruktion optimiert und die ergonomischen Maßnahmen weiter verfeinert werden“, denkt der Azubi laut. Er und seine beiden Kollegen haben sich geärgert, nicht unter den ersten drei Plätzen der Jury gewesen zu sein. „Klar war unser Ehrgeiz geweckt“, sagt der angehende Elektroniker.
 

Wiederauflage der Energie Scouts

 
Das nächste Projekt „Energie-Scout“ sucht wieder Teilnehmer. „Das müssten Firmen sein, die im 1. und 2. Lehrjahr ausbilden“, sagt Dieter Dembski. Start ist im April 2018. Bis Ende November, wenn die besten drei Projekte prämiert werden, werden drei Workshops zum Thema Energie gehalten. „Bewerben können sich alle, die unser Projekt interessant finden. Auch dieses Mal ist die Kapazität der Workshops auf maximal 25 Auszubildende ausgelegt.“ (Conny Stenzel-Zenner)