Ausbildung

Sieben Semester Maschinenbau waren nicht für die Katz‘

Aachen/Stolberg. Alles, was ich Marius sage oder gebe, saugt er auf wie ein Schwamm“, sagt Wolfgang Ehlert und schaut anerkennend zu seinem Lehrling Marius Scheidtweiler. Ehlert ist der Chef der Firma PS-E, die Druckentlastungs- und Rückschlagkappen herstellt sowie Präzisionsteile auf CNC-Bearbeitungszentren und CNC-Drehmaschinen fertigt. Im Stolberger Gewerbegebiet Camp Astrid beschäftigt er sechs Mitarbeiter und drei Auszubildende. Marius ist einer von ihnen. Der Berater Rainer Schaar von der Handwerkskammer Aachen hat die Beiden mit „RESET“, ein Programm eigens für Studienaussteiger, zusammengebracht.
 
Eine Alternative zum Studium schwebte Marius Scheidtweiler eigentlich gar nicht vor. „Schon in der zehnten Klasse war mir klar, was mit Technik zu machen, das fing schon in der Rollerzeit an“, erinnert er sich. Folgerichtig baute er sein Abi mit Fachrichtung Maschinenbau an der Mies-van-der-Rohe-Schule in Aachen und schrieb sich für ein Maschinenbau-Studium an der RWTH Aachen ein. Das zog er sieben Semester durch, bevor die ersten Zweifel an ihm nagten. „Es gab durchaus Fächer, für die ich mich interessierte“, blickt der Würselener zurück. Bei der Thermodynamik sei aber die Luft ausgegangen, „ich habe mir dann gedacht, bevor ich mit 30 immer noch studiere, höre ich jetzt auf“.

 
Marius Scheidtweiler setzte sich selbst eine „Deadline“: Das Sommersemester wollte er noch durchziehen und aufhören, wenn es nicht klappen würde. „Auf einmal funktionierten alle Klausuren, wie das eben so ist“, sagt er und grinst. Letztlich waren sieben Semester dann aber doch mehr als genug. „Dieses verkopfte Studium war nicht seins, ihm fehlte die Praxis“, weiß Rainer Schaar, der Marius Scheidtweiler kurz nach dessen Studienausstieg kennenlernen sollte.
 
Bestärkt durch seinen Vater – „mach‘ das, wovon du meinst, dass es das Beste für dich ist“, hatte der gesagt –, wendeten sich Vater und Sohn an die Handwerkskammer, weil sie das Projekt RESET kannten. „Ich hatte drei Jahre ins Studium investiert. Der Abbruch war schon zunächst ein blödes Gefühl, aber im Nachhinein bin ich glücklich, dass ich es gemacht habe“, sagt der junge Handwerker.
Drehen und Fräsen per Hand und Maschine: Marius Scheidtweiler kann natürlich beides. Er macht eine Lehre zum Feinwerkmechaniker bei der Stolberger Firma PSE. Foto: Handwerkskammer Aachen
 
Zusammen mit dem Vermittler der Kammer guckte er, was zu ihm passen könnte. „Herr Scheidtweiler war orientiert, er wollte was Praktisches, Anspruchsvolles machen. Von Wolfgang Ehlert wiederum wusste ich, dass er einen Feinwerkmechaniker suchte“, so Rainer Schaar. Räumliches Vorstellungsvermögen, Mathematik und Teamfähigkeit standen auf Ehlerts Wunschliste. „Azubis mit entsprechender Qualität und Einstellung zu finden, ist gar nicht so einfach“, weiß der Betriebsinhaber. Deswegen hatte er sich an die Handwerkskammer gewendet, „ich war durch ein Schreiben auf RESET aufmerksam geworden“. Ein Problem mit Studienabbrechern? „Nein, wieso auch“, kommt prompt die Gegenfrage von Ehlert. Sein Lehrling habe den Abbruch als Chance erkannt.
 
Das sieht auch Schaar so. „Wir stellen den Kontakt her, und dann sollte es eigentlich laufen. Das Prinzip heißt Selbstverantwortung, und wenn es nicht nötig ist, nehme ich den Studienaussteiger nicht ans Händchen, oder nur so viel wie nötig“, sagt der Berater. Das war bei Marius Scheidtweiler tatsächlich nicht angebracht, denn er bewertet seine absolvierten Semester nicht als vertane Zeit. Einiges, das er gelernt habe, könne er in die Lehre mit einbringen. „Marius hilft den Kollegen sogar beim Erwerb des Technikers“, freut Ehlert sich.
 
Die Chemie zwischen den Beiden stimmte sofort. „Das war auf jeden Fall die richtige Entscheidung, ich bin in einem coolen, jungen Team und der Chef passt auch“.