Ausbildung
Was fordern Mitarbeiter? Was wollen Kunden? Büro-Arbeitsumgebungen in Betrieben sind vielfältig
Irgendwie dreht sich in Büros alles um die Kommunikation. Wie redet ein Kollege mit seinen Kollegen? Wie spricht ein Dienstleister mit seinen Kunden? Wann zieht sich der Arbeitnehmer in einem transparenten Großraum-Büro wohin zurück, um ungestört zu sein? „Ist es noch richtig, so wie wir arbeiten?“, fragen sich viele Unternehmer und bauen um oder bauen gleich neu.
Der Unterschied von Früher und Heute
Waren früher die Büros der Chefs immer in der obersten Etage eines Firmensitzes, agierte der Boss hinter geschlossenen Türen und wurde von einer Sekretärin gegen seine Mitarbeiter und die Kunden abgeschirmt, ist das heute anders: Alles ist offen. „Da ruft mich ein alter Firmenbesitzer zu sich und sagt: Wir wollen neue Büros. Alles muss innovativ sein, offen, die Transparenz muss Spaß machen“, erzählt Achim Engels, Geschäftsführer von Mensch im Büro. Mensch im Büro ist eine konsequente Ausgründung der erfahrenen Büroeinrichtungsfirmen Rouette Eßer in Düren und Büro-Musterhaus Prickartz in Aachen, die seit mehr als 80 Jahren Büros einrichten. Mensch im Büro beschäftigt Beratungs- und Planungsspezialisten zur produktneutralen Gestaltung von ergonomischen und effizienten Arbeitsplätzen. „Weil optimale Arbeitsergebnisse und Freude an der Arbeit keine Gegensätze sind, sondern eng miteinander verknüpft, kreieren wir eine
Arbeitsplatzumgebung, die sowohl Unternehmenszielen als auch Mitarbeitern gerecht wird“, fasst Engels zusammen. Dazu gehört auch, dass er mit Chefs Tacheles redet. „Die Gänge in ihrem Unternehmen sind lang und dunkel. Die Türen der Büros sind geschlossen. Keiner will, dass jemand reinschaut. Wenn wir jetzt die Wände wegnehmen und ein Großraumbüro einrichten, dann werden ihre Mitarbeiter wahrscheinlich unzufrieden sein, weil diese Offenheit nicht einfach verordnet werden, sich aber entwickeln kann.“
Gelebte Transparenz ist gläsern
Transparenz muss wachsen. Das beginnt mit der Firmenphilosophie. Wie bei Trianel. Das Aachener Unternehmen ist mit 58 kommunalen Gesellschaftern die führende Stadtwerke-Kooperation in Europa und steht für Unabhängigkeit und neue Wege. „Wir bieten unseren Partnern Kompetenzen in Erzeugung, Handel und Vertrieb, bringen Aktivitäten zusammen und gestalten die Energiemärkte aktiv mit.“ Pressesprecherin Dr. Nadja Thomas spricht über Einstellungen der Chefs und erklärt in dem fast 10.000 Quadratmeter großen Bau an der Krefelder Straße genau das: Transparenz. Die Wände sind aus Glas. „Architektur ist primär und unvermeidlich eine öffentliche
Angelegenheit. Wer ein Gebäude realisiert, plant und baut dieses zwar in erster Linie für die eigenen Bedürfnisse und Belange, aber zugleich vor den Augen der Öffentlichkeit. Dies trifft besonders für Gebäude von Firmen und Unternehmen zu“, urteilt Nadja Thomas. So stehe das neue Trianel Headquarter in zweierlei Hinsicht im Interesse der Öffentlichkeit. Zum einen durch die eigenen Mitarbeiter, die dort täglich ein- und ausgehen, zum anderen aber auch durch die Öffentlichkeit, den Markt und die Gesellschafter, die ebenfalls wahrnehmen und beurteilen. Die Trianel Unternehmensarchitektur wird folgerichtig als Ausdruck der geistigen Einstellung des Unternehmens verstanden und spiegelt dessen Kultur und Wertesystem direkt wider. „Ideen. Gemeinsam. Umsetzen“, ist das Leitbild der Mitarbeiter sowie der Anspruch der Kunden und Gesellschafter an das Unternehmen.
„Wir haben verschiedene Abteilungen. Das größte Büro mit 130 Arbeitsplätzen ist unser sogenannter Trading Floor, wo wir für unsere Kunden Strom, Gas sowie CO2 und Kohle einkaufen und handeln. Da sitzen unsere Mitarbeiter vor großen Bildschirmen und es geht wirklich zu wie an der Börse“, beschreibt die Pressesprecherin das Tagesgeschäft. Handel lebt von Offenheit und einem freien Informationsfluss. Das ist einer der Gründe, warum Transparenz für Trianel nicht Zeichen eines modernen Arbeitsumfeldes ist, sondern auch zur Unternehmensphilosophie gehört. Die Chefs des Unternehmens mit mehr als 300 Mitarbeitern sitzen in einem ebenfalls gläsernen Büro mitten im Gebäude. Die Geschäftsführung lebt damit die offene und transparente Unternehmenskultur vor und unterstreicht das Selbstverständnis, ein offener Ansprechpartner zu sein. „Auf unserem sogenannten Marktplatz – ein großer Platz zwischen den Büros - treffen sich die Mitarbeiter, tauschen sich aus, trinken Kaffee oder Wasser, das von der Firma bereitgehalten wird“, sagt Dr. Nadja Thomas. Dort ist Kommunikation ganz einfach.
Flexibilität bedeutet verschiedene Büroformen
Flexibilität im Denken und Handeln beginnt bei der Planung der Büro-Arbeitswelt. „Wenn jemand geistig arbeitet, braucht er Ablenkung. Es ist nicht möglich, 9 Stunden mit einer hohen Konzentration an seinem Arbeitsplatz zu sitzen, der dann vielleicht nicht mal schön ist, um kreativ zu sein“, urteilt Achim Engels. Flexibilität bedeutet auch verschiedene Büroformen zu kennen und zu nutzen. Das sogenannte Zellenbüro ist eine Möglichkeit zum Rückzug, um ungestört zu sein. Es gibt die Großraumbüros, bei denen die Arbeitsplätze entweder einem Mitarbeiter zugeordnet sind oder mit verschiebbaren Containern, in denen jeder Mitarbeiter seine Arbeitsutensilien und persönlichen Sachen aufbewahrt, jeweils anderen Mitarbeiter dienen. Und es gibt die Kombibüros, wo Zellen- und Großraumbüros kombiniert werden. „Zwischen den verschiedenen Büroformen, die in unserem Gebäude zu finden sind, gibt es auch verschiedene Treffpunkte, wo sich die Mitarbeiter abseits ihres Schreibtisches begegnen, wo spontane Kommunikation möglich ist“, sagt Trianel Pressesprecherin Thomas.
Transparentes Unternehmen zum Anfassen
„Die größte Herausforderung bei allen neuen Büroformen ist die Akustik“, weiß Achim Engels, der mit seinem Expertenteam immer Lösungen bereithält. „Wir können den Schall genau berechnen, wissen, was der Markt anbietet, um Schall zu minimieren.“ Das geht oftmals erst im Neubau, nachdem der Betrieb längst begonnen hat. Wie bei e-regio, dem Energiedienstleister mit persönlicher Beratung rund um Gas, Strom und Wasser aus Euskirchen. „Nachdem wir auch die Wasserversorgung für den Kreis Euskirchen im Jahr 2014 übernommen haben, 42 neue Mitarbeiter bekamen, war unser Firmensitz für 210 Mitarbeiter zu klein. Also haben wir neu gebaut“, erinnert sich Geschäftsführer Christian Metze. Bei der Planung wurde geredet und entschieden. „Wir wollen gegenüber unseren Kunden transparent sein, wir wollen ein Unternehmen zum Anfassen sein, freundlich und kompetent“, war die einstimmige Entscheidung, die baulich umgesetzt wurde. Im großzügigen Kundencenter werden heute Besucher empfangen. Großzügig sind auch die Büros, in denen ein Mischkonzept aus Einzelbüros und Teamarbeitsplätzen verfolgt wurde. Überall gibt es breiten Raum für Abstimmungen, für Adhoc-Besprechungen. Eine durchdachte Beleuchtung schafft immer das richtige Licht, höhenverstellbare Schreibtische passen sich an die einzelnen Mitarbeiter an. „Schon während der Bauzeit haben wir unseren Mitarbeitern ein Musterbüro gezeigt, damit sich alle gut informiert fühlen“, erinnert sich der Geschäftsführer, der nicht nur für seine Kunden Transparenz einfordert. „Solche Gedanken müssen im Unternehmen gelebt werden. Da muss das Wording der Internetseite mit der Umsetzung übereinstimmen“, sagt Diplom-Kaufmann Christian Metze. Er weiß längst, dass zufriedene Mitarbeiter der Schlüssel zum Erfolg und zum Wachsen eines Unternehmens sind. „Allerdings ist heute ein gutes Arbeitsumfeld auch nötig, um die guten Auszubildenden in unsere Firma zu holen“, sagt Geschäftsführer Metze. Nach eineinhalb Jahren in den neuen Büros weiß er: „Die offenen Küchen mit den Kaffeemaschinen sind zu laut. Auch die Drucker, die in der Nähe von den Arbeitsplätzen stehen, sind zu laut und stören den Betrieb.“ Warum er das weiß? Weil seine Türen offen stehen. Weil er aus seinem Büro hinaus und Mitarbeiter in sein Büro hineinschauen können. Deshalb wird nun bei e-regio an manchen Stellen nachgearbeitet. Die Küchen bekommen Wände und bei Druckern wird auf die Lärmemission geachtet.
Live-Kommunikation auf allen Kanälen
Bei der Firma WWM gibt es diese Probleme nicht. Die Firma aus Monschau, die im Messebau mit angegliedertem Großformatdruck und der Softwareentwicklung im Eventmanagement tätig ist, hat Arbeitsplätze geschaffen, die das mobile Arbeiten erlauben. Geschäftsführer Dr. Christian Coppeneur-Gülz hat sich zum Ziel gesetzt, sein Unternehmen zum agilsten der Branche zu machen. Während der Arbeit, bei der Designer, Ingenieure, Architekten, Logistiker und Handwerker Messestände konzipieren, Software-Entwickler neue Module planen oder Vertriebler bei Kunden vor Ort sind, steht den mehr als 70 Mitarbeitern jederzeit und überall Software und Daten aus der Cloud zur Verfügung.
„Als Vorreiter der digitalen Transformation in unserer Branche unterstützt das unser agiles arbeiten und sorgt für einen schnellen Datentransfer an unseren Standorten in Monschau, Alsdorf und München“, sagt Nils Neumann, Head of Marketing Communications. Bei der rasanten Entwicklung der Digitalisierung innerhalb der Firma wird das persönliche Gespräch untereinander als Gegengewicht immer wichtiger. Deshalb gibt es in den Büroräumen an allen Standorten Sitzsäcke, einen Kicker und nette Ecken, um sich auch außerhalb von Meetingräumen auszutauschen.
Aber den Clou der Live-Kommunikation erleben die Kunden von WWM. „Mit unserer Software myWWM ermöglichen wir unseren Kunden die Planung, Ausführung und Analyse von Messeauftritten und Events auf Knopfdruck“, sagt Nils Neumann, der erklärt: „Mit der automatisierten Besuchererfassung verknüpfen wir die Live-Kommunikation vom Messestand mit den Online Kanälen unserer Kunden.“ Aktuell werden 3.500 Veranstaltungen pro Jahr über die Software beauftragt und über das Marketing Logistikcenter in Alsdorf ausgeführt. Eine Arbeitslast, die nur durch digital gestützte Prozessoptimierung möglich ist. So wundert es nicht, dass auch im Neubau in Alsdorf unter anderem mit der großen Küche mit Kochinsel ein Raum für interne Kommunikation geschaffen wird. „In unserer gelebten Wertekultur fühlen wir uns nicht nur verantwortlich für den Erfolg der Live-Kommunikation unserer Kunden, sondern auch für das Wohlbefinden der Mitarbeiter“, erläutert Nils Neumann, der gemeinsam mit seinen Kollegen flexibel auf verschiedene Umstände reagiert.
Mensch im Büro
Um Flexibilität geht es immer mehr auch bei den Großraumbüros. „Wir wissen nicht, was in einigen Jahren passiert, was uns die Technik und der Fortschritt bringt. Ist dann auf jedem Glas schon der Bildschirm integriert?“, denkt Achim Engels laut in die Zukunft. Damit heute schon die richtigen Entscheidungen getroffen werden, gibt es Möbel auf Rollen. Wie den Kühlschrank im Bistro des sogenannten living office bei der Firma Rouette Eßer. „Wenn wir viele Getränke nicht im Bistro, sondern woanders brauchen, tragen wir nicht die Getränke, sondern schieben den Kühlschrank“, sagt der Geschäftsführer von Mensch im Büro. Der hält viele Ideen für Besprechungsinseln bereit, für Rückzugsmöglichkeiten auch im Großraumbüro, aber auch für eigene Arbeitsplätze. So werden in den Ausstellungs- und Arbeitsräumen verschiedene Lösungen für Besprechungen im Großraumbüro gezeigt und selbst auch genutzt, es werden aber auch Schreibtische für Außendienst- und Innendienst-Mitarbeiter gezeigt. An denen arbeiten die Mitarbeiter von Rouette Eßer, werden zu zufriedenen Mitarbeitern, die in die Ausstellung passen, wenn Interessenten Büroeinrichtungen anschauen. Der Geschäftsführer Achim Engels von Mensch im Büro ist ein Chef zum Anfassen. Sitzt da, wo seine Mitarbeiter sitzen und hat dann Zeit zum Reden, wenn es gefordert wird. (Text+Bilder Conny Stenzel-Zenner)