Unternehmensportrait

Keine Angst vor Social Media: Mittelstand hat noch Nachholbedarf

Dr. Rebecca Bevederesi-Kochs steuert souverän durch den digitalen Dschungel. © Frank FällerVlogger, Influencer, Digital Campaigning oder Interactive Storytelling: alles klar? Social Media wohl, aber dann? Wer heute als Unternehmer aktiv Kommunikation und Marketing auf den populären Kanälen im Netz betreiben will, ist gut beraten, nicht blauäugig mitmischen zu wollen. Dr. Rebecca Bevederesi-Kochs ist Expertin - und klärt auf.

Beginnen wir das Thema prominent: Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte vor nicht allzu langer Zeit vor den Spitzen der Industrie öffentlich  „… das Internet ist Neuland …“. Das Internet und Social Media war da längst in aller Munde, Spott und Hohn die Folge. Dann erregte ihr Aufeinandertreffen mit einem Flüchtlingskind die Gemüter und offenbarte, welche Macht von den sozialen Netzwerken ausgeht.

Oder David gegen Goliath: Die Telekom hatte versucht, ihre Flatrate ab einem bestimmten Datenvolumen einzuschränken. Ein einzelner Kunde hatte anschließend im Netz so viele Mitstreiter um sich geschart, dass der Konzern am Ende nachgeben musste. Praktisch zeitgleich wurden über Facebook, Twitter, YouTube, Instagram und Co heftige Debatten über Pro und Contra ausgelöst, die wiederum in den klassischen Medien wie Print und Rundfunk kommentiert wurde. Diese Szenarien könnte man allgemein vereinfachen: Interesse im Netz weckt heute die Aufmerksamkeit der gesamten Öffentlichkeit.

Kommunikation und Marketing für Unternehmen nicht mehr zu trennen

Doch wer blickt - nicht nur als Privatmensch -, sondern etwa als mittelständischer Unternehmer in den neuen Medien noch durch? Wer hat die Zeit dafür übrig und wenn ja, wieviel? Mit den Mechanismen und Techniken der sozialen Netzwerke kennt sich Dr. Rebecca Bevederesi-Kochs aus. Sie ist Mitinhaberin der Agentur Social Media Aachen, die sich seit 2011 ganz auf Konzeption, Kreation, Steuerung und Umsetzung digitaler Marketing- und Öffentlichkeitsstrategien konzentriert hat.

„Kommunikation und Marketing kann man nicht mehr trennen. Die Grenzen sind fließend und immer in Bewegung“, sagt sie und ergänzt: „Es kann nicht jeder alles, daher braucht der professionelle Umgang mit den neuen Medien Spezialisten.“ Der Social Media Manager wird zum Community Manager oder Content Creator. Aber es gibt auch noch den Art Director oder Web-Designer. Anglizismen prägen das digitale Zeitalter ebenso wie US-Amerikanische Giganten den Markt beherrschen. Ein kleiner Trost: Die klassischen PR stirbt (noch) nicht aus, die neuen Medien funktionieren jedoch nach anderen Regeln (die sich laufend ändern können).

Social Media aber nicht zu nutzen, hieße Chancen in Richtung Sales und Marketing zu verspielen. „Wir sind digital“. Nie war der Weg zum Kunden schneller, nie waren auch die Reaktionen direkter. „Es geht nicht darum besonders hip oder trendy zu sein, sondern klare Konzepte und Strategien für einen erfolgreichen Auftritt zu haben“, weiß sie als Senior Consultant. Gemeint ist zum Beispiel: den Ist-Zustand analysieren, Besucherströme erkennen und messen, Suchmaschinenoptimierung und vieles mehr, genannt Web-Audit. Im Prinzip steckt dahinter die Antwort auf die Frage: Was sagt das Netz über mich oder meine Firma aus?

Kompetent mit an Bord bei Social Media Aachen: Art Director und Mitinhaber Stephan Kochs (links) und Norbert Windeck, zuständig für Social Media Management und Beratung.  © Frank FällerNatürlich gehört dazu auch, die Konkurrenz zu beobachten. Vielleicht ist bloggen ein geeignetes Mittel, um seine Zielgruppe zu erreichen. Warum? „Die Inhalte eines Blogs gehören mir, bei dagegen Facebook nicht“, unterreicht Dr. Rebecca Bevederesi-Kochs. Aufklärungsarbeit leisten, Ängste nehmen - auch das gehört zu ihrem Geschäft. Bei diversen Lehrveranstaltungen und Vorträgen spürt sie, dass „viele klein- und mittelständische Unternehmen noch Nachholbedarf haben“.

Eine Testphase für neue Projekte im Netz ist empfehlenswert

So empfiehlt die Expertin zuerst eine Testphase für neue Projekte, um erste Erfahrungen zu sammeln, bevor es in die breite Öffentlichkeit geht. Wie ein der klassischen PR, ob Profit oder Non-Profit, macht sich die Arbeit, wenn sie ernsthaft betrieben wird, nicht nebenher. Zeit ist Geld. Die kostenlose Zeit im Internet sei vorbei, auch Twitter habe nun Werbeformate. Doch die Reise geht weiter, die Visualisierung schreite voran, Informationen sind technisch gesehen immer und überall verfügbar.

Aber, Daten dienen auch Marketingzwecken. Hier sei es wichtig, zu wissen und zu steuern, was öffentlich sein kann und darf. Das gilt sowohl für eine Firma die etwa Türklinken verkauft als auch für eine öffentliche Institution. Es kann funktionieren. Sonst gäbe es wohl kaum das Beispiel einer seriösen Anwaltskanzlei, die im Internet bereits eine allgemeine Beratung per Video-Streaming anbietet. Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran. Wohl dem, der sich auskennt oder rechtzeitig schlau macht. Er muss die schöne neue Welt nicht fürchten.
(Frank Fäller)