Ausbildung

Vier bundesbeste Azubis aus dem Kammerbezirk der IHK Aachen

Sie hatten ein Ziel. Sie haben richtig viel gelernt. Und letztlich wurden sie mit einem überraschenden Erfolg geehrt: Vier Auszubildende aus dem Kammerbezirk der IHK Aachen sind die Bundesbesten Azubis des aktuellen Jahrgangs. Deshalb fahren sie nun nach Berlin, um mit rund 200 anderen Spitzen-Azubis geehrt zu werden. Bereits zum zwölften Mal würdigt damit die IHK-Organisation die besonderen Leistungen.
 

Papiertechnologe Harun Göktas

 
„Ich wollte schon immer Papiertechnologe werden.“ Der Dürener Harun Göktas (22) erinnert sich an seinen Entschluss, nach seinem Abitur 2014 bei der Papierfabrik Gebr. Hoffsümmer, Düren seine Ausbildung zu beginnen. „Ich war an technischen Maschinen interessiert und an Mathematik. Mir war klar, dass Papier niemals ausstirbt. Was lag da in Düren näher, als mich bei einem Traditionsunternehmen zu bewerben?!“
Heute bedient er eine von drei Papiermaschinen der Firma Gebrüder Hoffsümmer Spezialpapier GmbH & Co.KG. Damit ist der 22-Jährige einer von 100 Mitarbeitern der Firma, die Spezialpapiere herstellt. „Die sind in der Automobilindustrie, in Haushaltsgeräten oder in Taschenrechnern zu finden, aber auch in der Möbel- und Fußbodenindustrie“, erzählt der Dürener. Warum hat er sich bei dem Traditionsunternehmen beworben? Weil er die kurzen Entscheidungswege und die flachen Hierarchien seines Arbeitgebers mag, weshalb oftmals schnell und unbürokratisch agiert werden kann.
Harun Göktas wollte immer Papiertechnologe werden. Foto: nySchnell und unbürokratisch war deshalb auch die Entscheidung von Geschäftsführer Roger Ruf, als er von dem besonderen Abschneiden seines Azubis las als die IHK ihm das besondere Ereignis per Brief mitteilte: „Ich habe schon viel erlebt. Aber einen so guten Auszubildenden hatten wir noch nie.“ Also gratulierte er Harun Göktas und erklärte, dass er nach Berlin fahren und sich sein Zertifikat von Moderator Barbara Schöneberger überreichen lassen dürfe. Und was tat der verlässliche Harun Göktas? Er schaute erst in seinen Arbeitsplan, ob ein ungeplanter Urlaubstag überhaupt machbar sei. „Sehr gute Arbeitsergebnisse gepaart mit Zuverlässigkeit sind der Garant für außergewöhnlich gute Mitarbeiter“, urteilt Geschäftsführer Ruf.

In drei Jahren Ausbildung lernte der Chef einen seiner sechs Azubis kennen. Der war jeweils 15 Wochen im Jahr zum Blockunterricht im baden-württembergischen Gernsbach, um vier Wochen am Stück acht Stunden täglich zu büffeln. „Grundstoffkunde, Physik, Chemie, Mathematik, Wirtschaft, aber auch wie Papier hergestellt wird, standen auf dem Stundenplan“, erzählt Harun Göktas, der im ersten Lehrjahr 853,06 Euro verdiente, im zweiten 934,63 Euro und im dritten 1020,20 Euro.
 
Während der praktischen Ausbildung stand der ehemalige Azubi im Betrieb, arbeitet an der Papiermaschine, stellte sie ein, beaufsichtigte sie, lernte Papier zu veredeln und zu verpacken. Immer in verschiedenen Schichten. Mal arbeitet der Dürener in der Frühschicht von 6 bis 14 Uhr, mal in der Spätschicht von 14 bis 22 Uhr und mal in der Nachtschicht von 22 bis 6 Uhr. Immer wollte Harun Göktas Papiertechnologe werden und hatte sein Ziel im Blick. Dennoch war er aus dem Häuschen, als er las, dass er als bundesbester Azubi abgeschlossen hat.

Kai Dieter Schmaglowski bei Winweb

 
„Als ich Herrn Schmaglowski kennenlernte, sagte ich: Mit ihnen wird es klappen. Ich möchte in die Wirtschaftlichen Nachrichten.“ Willi von Berg, Geschäftsführer von Winweb, dem Food Software Specialist aus Aldenhoven, flachst nicht. Da saß vor ihm der 27-jährige Bewerber aus Geilenkirchen, der schon im Abitur gute Noten hatte, gerade sein Informatik-Studium an der FH an den Nagel gehangen hatte und seine Lehre beginnen wollte. Das ist drei Jahre her. Heute ist Winweb in den Wirtschaftlichen Nachrichten der IHK, weil es Kai Dieter Schmaglowski wirklich geschafft hat. Der ehemalige Azubi Informations- und Telekommunikationssystem-Kaufmann ist der Beste seines Jahrganges. Der Beste deutschlandweit.
Heute blickt er auf seine dreijährige Lehre zurück und wundert sich nicht, dass er richtig gut abgeschnitten hat. „Ich bin ehrgeizig. Und obwohl mir die theoretische und praktische Ausbildung leichtgefallen ist, habe ich vor der Abschlussprüfung noch mal richtig gelernt“, erzählt der heute 30-Jährige. Dann waren es 98 Punkte, die reichten, um als Bester abzuschneiden.
Dabei ist Kai Dieter Schmaglowski erst einmal zufällig bei Winweb gelandet. „Das Studium war mir zu theoretisch. Mir fehlte der Umgang mit Kunden, also habe ich das Studium abgebrochen und meine Bewerbung bei Switch abgegeben“, erinnert sich der Geilenkirchener. Switch, das Angebot für Studienabbrecher der Stadt Aachen, machte dann alles von ganz alleine. „Ich schrieb meine Bewerbung, die an die Firmen, die bei Switch gemeldet sind, weitergegeben wurde“, beschreibt Schmaglowski, was passierte. Willi von Berg las die Bewerbung und war schnell. „Wenn in mein E-Mail-Postfach eine Bewerbung flattert, weiß ich, dass ich schnell sein muss, wenn ich einen guten Bewerber will.“ Sofort lud der den potentiellen Azubi ein, der prompt kam. Zwei Wochen Praktikum folgten, weil sich alle beschnuppern wollten. Der Studienabbrecher lernte Winweb kennen. Das inhabergeführte Unternehmen entwickelt und vertreibt Softwarelösungen für die Lebensmittelindustrie und den Handel. Anwenderorientierte Innovationen stehen dabei genauso im Fokus wie kurze Reaktionszeiten auf individuelle Branchenanforderungen. „In der Lebensmittelindustrie vertrauen bereits mehr als 150 Kunden auf unsere hohe Expertise und die flachen Hierarchien bei Winweb“, weiß Geschäftsführer von Berg. Gemeinsam mit seinem Team versteht der sich als Softwarepartner auf Augenhöhe. Seit 20 Jahren auf dem Markt, baut Winweb die technologische Marktführerschaft kontinuierlich anhand der Kundenbedürfnisse aus. „Das war genau das richtige für mich“, erinnert sich Kai Dieter Schmaglowski. Schon während seiner Lehre ging er zu den Kunden, um nicht nur die Software zu erklären, sondern um in seinem Mutterhaus immer auch die Wünsche der Kunden anzubringen und von den Programmierern in die vorhandene Software einfließen zu lassen. „Die Denk- und Arbeitsweise von Herrn Schmaglowski ist sehr global und umfassend“, urteilt Chef von Berg. Bildet die Software für beispielsweise Fleischereien alle Funktionsbereiche von der Schlachtung, über Einkauf, Lager, Zerlegung und Produktion bis hin zum Verkauf und der Anbindung von Filialen in einem integrierten System ab, muss Kai Dieter Schmaglowski immer wieder erkennen, wie die Prozesse der Unternehmen in der Software umgesetzt und optimiert werden können.

Pascal Leyens: Bundesbester von Aldi Süd

 
„ALDI SÜD hat einen guten Ruf. Auch als Ausbilder. Die Kombination aus Theorie und Praxis haben mir gefallen, die zahlreichen Karrieremöglichkeiten und natürlich die überdurchschnittliche Vergütung.“ Pascal Leyens (20) wusste nach seinem Abitur am Dürener Rurtal Gymnasium schnell, wie sein Lebensweg weitergehen sollte. Schon am 30. September 2015 begann er bei ALDI Eschweiler seine Ausbildung. Zunächst zum Verkäufer, dann zum Kaufmann im Einzelhandel. Seine Praxisausbildung erhielt er in der ALDI SÜD Filiale in Monschau-Imgenbroich.
„Die Ausbildung zum Verkäufer dauert in der Regel zwei Jahre. Ich konnte sie auf anderthalb Jahre verkürzen“, erinnert sich der ehemalige Abiturient, der nach der Abschlussprüfung ein gutes Gefühl hatte. „Dass ich dann 99,75 von 100 Punkten geholt habe und damit am Ende Landes- und Bundesbester der Azubis war, war eine Riesenüberraschung.“
Danach folgte die einjährige Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. „Da haben Ende November die Abschlussprüfungen begonnen, so dass ich Mitte Januar 2018 mit allem fertig bin. Alles in allem werde ich meine Ausbildung dann nach zweieinhalb Jahre abschließen.“
Immer war die überdurchschnittlich gute Vergütung von Aldi ein toller Nebeneffekt von der Ausbildung, denn im ersten Ausbildungsjahr erhalten die ALDI SÜD Azubis 950 Euro pro Monat, im zweiten 1050 Euro und im dritten Lehrjahr sind es 1200 Euro.
Gelernt wurde so einiges. „Der Arbeitsalltag eines Azubis im Verkauf umfasst ganz unterschiedliche Themengebiete“, fasst Pascal Leyens zusammen. Im ersten Lehrjahr übernehmen die Nachwuchskräfte unter anderem schon Qualitätskontrollen: Sie sorgen dafür, dass die Filiale und die Regale gut geordnet sind und bereiten eine einladende Präsentation der Aktionsartikel vor. Im zweiten Lehrjahr kommt unter anderem die Abwicklung der Warenannahme dazu. Im dritten Lehrjahr übernehmen die Azubis zusätzlich Aufgaben wie die Durchführung von Inventuren und die korrekte Warenlagerung. Parallel lernte der Azubi einmal pro Woche im Berufskolleg Eschweiler. „Ich bin in allen Fächern gut klargekommen. Besonders gefallen hat mir das Fach ‚Einzelhandelsunternehmen leiten und führen‘. Da ging es um wirtschaftliches Grundlagenwissen und interessante Informationen für Führungspersonal“, sagt Pascal Leyens.
Zur Arbeit kam der Dürener gerne. „Mit der Zeit lernt man in der Filiale manche Stammkunden besser kennen. Die grüßen nett und kamen auch mit Fragen zu mir. Dann ergibt sich hier und da auch mal ein nettes Gespräch. Der gute Draht zu den Kunden gefällt mir sehr.“
Als Pascal Leyens erfuhr, dass er als bundesbester seines Jahrganges abgeschnitten hat, gab es jede Menge Glückwünsche und Anerkennung von Kollegen. „Die waren überrascht und haben sich sehr gefreut“, erzählt der Ausgezeichnete. Neben einer Urkunde bekommt Pascal Leyens eine Prämie von ALDI SÜD: 1750 Euro. Die kommen zu Weihnachten genau richtig.

Svenja Schmidt ist Matse

 
Zur erlesenen Gruppe der bundesbesten Absolventen aus dem Kammerbezirk Aachen
zählt auch Svenja Schmidt. Als sie am Forschungszentrum Jülich begonnen hatte,
konnte sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Denn mit der Ausbildung zur Mathematisch-technischen Softwareentwicklerin („MATSE“) war der duale Studiengang „Scientific Programming“ verbunden. Nach ihrem Abitur wusste sie erst einmal nur soviel: „Dass ich Mathe mochte, aber eigentlich nicht in einem Büro sitzen wollte“, erinnert sich die junge Frau: „Dass ich die Bundesbeste meines Jahrgangs werden würde, hätte ich nie vermutet – zumal ich mich kurz vor meiner Prüfung verletzt hatte und dann ein Jahr lang krankgeschrieben war“, erzählt die Hobby-Fußballerin.
Mit bestandener Prüfung ging die Analyse von Problemstellungen aus Informatik, Technik, Naturwissenschaften und Wirtschaft für sie richtig los. Ihre Aufgabe ist es, mathematische Lösungsverfahren in Programmsysteme umzusetzen. Dabei berücksichtigt sie die bestehende Software sowie aktuelle Erkenntnisse aus Wissenschaft und Wirtschaft. „In meinem Team untersuchen wir, wie sich Fußgängerströme bei Großveranstaltungen und in Gebäuden bewegen. Unsere Forschung dient dazu, Regelmäßigkeiten und Muster zu erkennen, um Unglücke zu vermeiden oder Wegeführungen zu optimieren.“
Drei Jahre hat die „MATSE“-Ausbildung gedauert. Die theoretischen Kenntnisse wurden ihr währenddessen von Wissenschaftlern und erfahrenen Mitarbeitern des „Jülich Supercomputing Centre“ sowie von Professoren der FH Aachen in Vorlesungen, Übungen und Blockkursen vermittelt. Auf dem Lehrplan standen Analysis, Lineare Algebra, Numerik, Stochastik, Informatik und Programmierkurse.
(Conny Stenzel-Zenner)